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RATGEBER | QUALITÄTSSIEGEL AM BAU

 

Qualitätssiegel am Bau

B E W E R T U N G S K R I T E R I E N F Ü R V E R B R A U C H E R

Im Alltag begegnen Verbraucher einer Vielzahl von Quali­tätssiegeln. Lebensmittel im Supermarkt tragen sie ebenso wie Geldanlagen und Versicherungen, Hausanbieter und Bauleistungen oder andere Produkte und Dienstleistungen. Sie finden sich auf der Werbung in Zeitungen und Zeitschrif­ten, im Rundfunk, TV und im Internet.

 

Was steckt hinter einem Qualitätssiegel?

Handelt es sich um eine eher werbliche Aussage oder ist eine echte Qualitätsverpflichtung damit verbunden? Gibt es kon­kret definierte und nachvollziehbare Qualitätskriterien? Wie seriös ist der Anbieter und wer verbirgt sich hinter der Verga­be des Siegels? Ist der Qualitätsstandard überdurchschnitt­lich hoch oder werden lediglich gesetzlich vorgeschriebene oder durch allgemein anerkannte Regeln der Technik veran­kerte Mindeststandards erfüllt?

 

Welchen Stellenwert haben Qualitätssiegel am Bau?

Im Baubereich gewinnen Qualitätssiegel einen immer grö­ßeren Stellenwert. Unternehmen streben mit hohen Quali­tätsstandards den erfolgreichen Ausbau ihrer Marktposition an, wollen sich im Wettbewerb behaupten und neue Kunden gewinnen. Letztlich geht es um viel Geld – und um wirtschaft­liche Interessen. Das Spektrum der Qualitätssiegel umfasst Produkte, Leistungen und Prozesse. Es reicht von der Baupla­nung und Bauausführung über die Herstellung von Baupro­dukten bis zur Gebäudetechnik und zur Energieeffizienz. Bei Qualitätssiegeln vermittelt der Markt im Baubereich auch bei Hausanbietern und Anbietern von Bauleistungen ein sehr dif­ferenziertes Bild. Aus Verbrauchersicht ist es begrüßenswert, dass zahlreiche Siegel nachweislich bereits hohe Qualitäts­standards umfassen und durch unabhängige Trägerinstituti­onen, insbesondere von Unternehmer- und Fachverbänden und von Qualitätsinitiativen, getragen werden. Auf der ande­ren

Seite gibt es die Tendenz zu intransparenten Siegeln, die durch unternehmerische Einzelinteressen geprägt sind, keine konkreten Qualitätsverpflichtungen enthalten und lediglich als Marketinginstrument genutzt werden. Am Markt treten vereinzelt auch Anbieter mit firmeneigenen Siegeln auf, die nichts wert sind oder sich mit Qualitätszertifikaten von Bauproduktherstellern schmücken. Diese Entwicklung führt insgesamt zu einer erheblichen Beeinträchtigung des Wett­bewerbs, zur Benachteiligung seriöser Unternehmen und zu mangelnder Transparenz für Verbraucher.

 

Nach welchen Kriterien können Qualitätssiegel bewertet werden?

Auf Initiative und unter aktiver Mitwirkung des Bauherren- Schutzbund e.V. (BSB) und des Instituts für Bauforschung e.V. (IFB) Hannover hat die „Offensive Gutes Bauen“ Bewertungs­kriterien für Qualitätssiegel im Bauwesen entwickelt. Die „Offensive Gutes Bauen“ ist eine nationale Qualitätsinitiative der Bauwirtschaft. Die Bewertungskriterien sind eine wichti­ge Verbraucherinformation für private Bauherren im Alt- und Neubau sowie für Immobilienerwerber. Sie haben für die Trägerinstitutionen von Qualitätssiegeln einen empfehlenden Charakter, fördern die Markttransparenz und bilden damit eine objektive Grundlage, um Qualitätssiegel aus dem Bau­bereich zu bewerten.

Die nachfolgenden Bewertungskriterien und Verbrauchertipps sind als Praxishilfe für alle Verbraucher ausgelegt, die sich für Qualitätssiegel interessieren und sie bewerten wollen.

 

Konkrete Definition und Beschreibung des Gegenstandes

Wenn ein Unternehmen mit einem Qualitätssiegel wirbt, kann der Verbraucher erwarten, dass es ihm ausreichende Informationen zum Gegenstand des Qualitätssiegels zur Ver­fügung stellt. Das Qualitätssiegel sollte eindeutig beschrie­ben und der damit verbundene Qualitätsstandard konkret definiert sein. Es muss für Verbraucher klar erkennbar sein, welche Qualitätsverpflichtung mit dem Siegel verbunden ist.

UNSER TIPP: Wenn Hausanbieter mit Qualitätssiegeln werben, sollten Sie sich vor Vertragsabschluss bereits bei der Auswertung von Angeboten und im Vorfeld möglicher Vertragsverhandlungen ausführlich informieren und ent­sprechende Dokumentationen anfordern.

 

Eindeutige Beschreibung der Trägerinstitution und der Siegelinhaber

Als Trägerinstitutionen von Qualitätssiegeln können beispiels­weise staatliche Institutionen, Normungsorganisationen, unabhängige Zertifizierungsorganisationen, Branchenverei­nigungen, Unternehmerverbände und Fachverbände auftre­ten. Wichtig ist die Information, wer namentlich als Träger­institution auftritt, welche Siegelinhaber am Markt agieren und welche Leistungen dahinter stehen. Trägerinstitutionen können nur dann ihrer Verantwortung gerecht werden, wenn sie unabhängig sowie firmen- und produktneutral agieren. Es darf also keine unmittelbaren wirtschaftlichen Verflech­tungen zwischen der Trägerinstitution und den zertifizierten Unternehmen als Siegelinhaber geben. Beiträge, Umlagen, Gebühren und andere Entgelte müssen transparent sein. Finanzielle Leistungen dürfen durch ihre Art und Höhe die Neutralität der Trägerinstitution nicht beeinträchtigen. Wenn es keine ausreichenden Informationen zur Trägerorganisati­on gibt, ist Vorsicht geboten.

UNSER TIPP: Vom künftigen Vertragspartner sollte der Nachweis gefordert werden, dass er durch eine aner­kannte Trägerinstitution zertifiziert und berechtigt ist, am Markt mit dem Qualitätssiegeln aufzutreten.

 

Gewährleistung von Transparenz bei den Qualitätskriterien

Qualitätssiegel sind nur dann etwas wert, wenn sie durch kon­krete Qualitätskriterien unterlegt und für alle Marktteilnehmer verständlich und nachvollziehbar sind. Grundlage für Siegel und Qualitätskriterien sollten zwingend mindestens die allge­mein anerkannten Regeln der Technik, Produktnormen, Prüf­vorschriften, anerkannte Richtlinien oder Fachregeln von Ver­bänden oder gesetzliche Vorgaben sein. Ein Siegelinhaber, der mit einer besonders hohen Qualität wirbt, sollte nachweis­bar einen höheren Qualitätsstandard als den durch Gesetz oder die anerkannten Regeln der Technik geforderten bieten.

UNSER TIPP: Fordern Sie die notwendigen Informatio­nen an, lassen Sie sich die Qualitätskriterien vorlegen und von einem unabhängigen Fachmann bewerten.

 

Regelmäßige Überwachung der Einhaltung der Qualitätskriterien

Wer einen hohen Qualitätsstandard verspricht, von dem wird zu Recht erwartet, dass er die Einhaltung der Qualitäts­kriterien gewährleistet. Unverzichtbar sind daher sowohl die regelmäßige Eigenüberwachung als auch eine Fremdüber­wachung. Die regelmäßige Eigenüberwachung stellt eine Selbstverpflichtung des zertifizierten Siegelinhabers dar. Die Maßstäbe zur Eigenüberwachung müssen deshalb konkret definiert und für Dritte transparent sein. Die regelmäßige Fremdüberwachung der Einhaltung der Qualitätskriterien muss durch eine anerkannte und unabhängige Stelle vorge­nommen werden. Dabei darf es keine wirtschaftliche Ver­flechtung mit dem Siegelinhaber geben. Die Überwachung unterliegt der Dokumentationspflich. Inhalt, Umfang und Art der Dokumentation sollten konkret definiert sein.

UNSER TIPP: Fragen Sie beim Siegelinhaber nach, wie die Eigen- und Fremdüberwachung organisiert ist und wie die Dokumentation erfolgt. Vereinbaren Sie mit unab­hängigen Bauherrenberatern, dass im Rahmen von Quali­tätskontrollen auf den Baustellen auch die Einhaltung der Qualitätskriterien kontrolliert wird.

 

Verbindlichkeit der Qualitätssiegel

Qualitätssiegel sollten so ausgestaltet sein, dass sie für den Siegelinhaber verbindlich sind und die Verpflichtung zur Ein­haltung der Qualitätskriterien enthalten. Qualitätssiegel blei­ben ein leeres Versprechen, wenn die Qualitätskriterien nicht konkret mit dem Bau- oder Kaufvertrag vertraglich vereinbart werden. Nur dann kann die Einhaltung von Qualitätsstan­dards auch vertraglich eingefordert werden.

UNSER TIPP: Suchen Sie zur Prüfung von Angeboten unabhängigen fachlichen Rat, sorgen sie dafür, dass Qualitätssiegel und Qualitätskriterien für Bauleistungen und Bauprodukte in die Bau- und Leistungsbeschreibung aufgenommen und Bestandteil des Vertrages werden. Ver­gessen Sie nicht, die Übergabe von Planungsunterlagen und technischen Nachweisen durch den Vertragspartner im Vertrag verbindlich zu vereinbaren.

 

Transparente Regeln zur Verleihung von Qualitätssiegeln

Grundlage für die Verleihung von Qualitätssiegeln sollten verbindliche Grundsätze und Verfahrensregelungen für das Anerkennungsverfahren, für zeitliche Befristungen und für die Aberkennung von Siegeln durch die Trägerinstitution bilden.

UNSER TIPP: Es ist empfehlenswert, sich über die Art und Weise der Verleihung des Qualitätssiegels informie­ren zu lassen. Prüfen Sie, ob das Zertifikat des Siegelinha­bers zeitlich befristet und noch gültig ist.

 

(Quelle: Bauherren-Schutzbund e.V.)