Vorschuss für Mängelbeseitigungskosten auch ohne Abnahme?

 

 

Vorschuss für Mängelbeseitigungskosten auch ohne Abnahme?

15.07.2016

OLG Celle, Urteil vom 11.05.2016 - 7 U 164/15, LG Lüneburg, 05.10.2015 - 5 O 245/10

BSB Vertrauensanwältin Gabriele Hein-Röder kommentiert

 

Geklagt
Ein Bauherr beauftragt einen Unternehmer mit der Errichtung eines Wintergartens zum Pauschalpreis von 84.500 Euro. Nach der Fertigstellung verweigert der Bauherr die Abnahme wegen zahlreicher gravierender Mängel. Den fristgebundenen Mängelbeseitigungsaufforderungen kommt der Unternehmer nicht nach. Er fordert stattdessen vom Bauherrn Restvergütung in Höhe von 15.000 Euro. Dieser allerdings besteht auf Kostenvorschuss vom Unternehmer für die Mängelbeseitigung und zahlt die Vergütung nicht. 

 

Entschieden
Das Landgericht Lüneburg und das OLG Celle geben dem Bauherrn Recht. Der Unternehmer wird verurteilt, zunächst 9.000 Euro als Vorschuss für die Mängelbeseitigungsarbeiten zu zahlen. Der vom Gericht beauftragte Sachverständige stellte eine Vielzahl von Mängeln fest und bewertete den Aufwand für deren Beseitigung mit rund 25.000 Euro. Gemessen am Pauschalpreis waren die festgestellten 19 Einzelmängel erheblich und die ausgeführten Bauleistungen nicht abnahmereif. Der Bauherr durfte die Abnahme berechtigt verweigern. Infolgedessen wurde der Vergütungsanspruch des Unternehmers nicht fällig. Da dieser die Mängel weiter bestreitet und nicht zur Beseitigung bereit ist, benötigt der Bauherr einen Vorschuss für die Ersatzvornahmekosten. Der Vorschuss muss zur Nacherfüllung der vertraglich geschuldeten Leistungen verwendet werden und steht dem Bauherren zu, weil der Bauunternehmer die Erfüllung verweigert. Auf die Abnahme als Voraussetzung für diesen Anspruch kommt es dabei nicht an. Denn der Bauherr muss – um seine Rechte durchzusetzen - dem Auftragnehmer nicht die Privilegien der Abnahme verschaffen, wenn die abgelieferte Bauleistung nicht abnahmereif ist und keine Nachbesserung erfolgt.

 

Kommentiert
Die Entscheidung ist für Verbraucher von großer Bedeutung, da höchstrichterlich bisher nicht eindeutig geklärt ist, ob dem Besteller – also dem Bauherrn - ein Anspruch auf Kostenvorschuss ohne Abnahme zusteht. In der Regel darf der Bauherr im Fall begründeter Abnahmeverweigerung Schadensersatz bzw. Minderung verlangen, aber nicht ohne weiteres einen Kostenvorschuss. Unter Berücksichtigung der ungeklärten Rechtslage hat das OLG Celle die Revision zum BGH zugelassen.

Juli 2016 - Gabriele Hein-Röder, Rechtsanwältin und Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht, München

 

(Quelle: Bauherren-Schutzbund e.V.)