Konkludente Abnahme beim Bauträger?

 

 

Konkludente Abnahme beim Bauträger?

19.12.2016

OLG Koblenz Urteil vom 19.10.2016 - 5U  458/16

BSB-Vertrauensanwalt Manfred Raber kommentiert

 

Geklagt 
Ein Bauträger verlangte von Erwerbern die Rückabwicklung des Bauträgervertrages über ihre Eigentumswohnungen. Der Vertrag enthielt die Regelung, dass die Käufer zur Teilabnahme verpflichtet sind, wenn der Vertragsgegenstand bezugsfertig ist. Die Übergabe kann davon abhängig gemacht werden, dass die noch nicht fälligen Kaufpreisanteile beim Notar zu hinterlegen und bei Fälligkeit an den Bauträger auszuzahlen sind. 
Die Erwerber zahlten nach dem Zahlungsplan jeweils die fälligen Raten und bezogen schließlich die Wohneinheiten, ohne dass es zuvor zu einer förmlichen Abnahme kam. Sie rügten Mängel. Da der Einzug erfolgt war, forderte der Bauträger die offenen Kaufpreisraten nebst Schlussrate und setzte Nachfrist zur Zahlung. Die verstrich ergebnislos. Darauf trat der Bauträger vom Vertrag zurück und forderte dessen Rückabwicklung. Die Erwerber vertraten den Standpunkt, dass zum einen zahlreiche Mängel der Abnahme entgegenstehen, zum anderen die im Vertrag genannte Verpflichtung zur Hinterlegung des Kaufpreises unwirksam sei.

 

Entschieden
Das Landgericht Koblenz gab der Klage des Bauträgers statt. Die Beklagten hätten die ausstehenden Kaufpreisraten hinterlegen müssen. Da das nicht geschah, war der Bauträger zum Rücktritt berechtigt. Auf fehlende Abnahme könnten sich die Erwerber nicht berufen, denn diese hätten sie durch die Inbesitznahme selbst vereitelt.
Die Berufung der Erwerber dagegen war in zweiter Instanz erfolgreich. Das OLG Koblenz hob das Urteil des Landgerichts auf und wies die Klage des Bauträgers ab. Die Vertragsklausel, wonach die Ingebrauchnahme dazu führt, dass die Abnahme fingiert wird, ist unwirksam. Es liegt auch keine konkludente Abnahme durch schlüssiges Verhalten vor, wenn Erwerber erkennen lassen, dass sie das Werk nicht als vertragsgemäß ansehen. Sie waren zudem nicht verpflichtet den offenen Betrag zu hinterlegen. Der Bauträger hatte keinen Anspruch darauf, dass ein noch nicht fälliger Zahlungsanspruch hinterlegt wird. Somit war er nicht zum Rücktritt vom Vertrag berechtigt.

 

Kommentiert
Die vom OLG Koblenz entschiedene Konstellation ist zahlreichen Bauträger- und GU-Verträgen immanent. Immer wieder wird versucht, durch Einzug die Abnahme zu fingieren. So soll die Fälligkeit offener Raten herbeigeführt werden, die auch bei Mängel-Einwendungen zumindest zu hinterlegen sind. Bereits 1984 hatte der BGH über die Unwirksamkeit der Klausel entschieden, wonach ein Veräußerer verlangen kann, dass der Erwerber ungeachtet vorhandener Baumängel vor Übergabe des Bauwerks den noch nicht fälligen Erwerbspreis zu hinterlegen hat.
Die Entscheidung des OLG Koblenz ist erneut von großer Bedeutung für alle Erwerber, die über einen Bauträgervertrag ein Haus kaufen oder Bauherren, die mit einem Generalunter- oder - übernehmervertrag ihr Haus bauen. Oft sehen sie sich einerseits in der Not, bei Terminverzug Wohnung oder Haus zu beziehen, andererseits aber wollen sie infolge von Mängeln vermeiden, dass die Abnahme eintritt. Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig. Eine mögliche Entscheidung des BGH bleibt abzuwarten.

Dezember 2016 - Manfred Raber, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht, 
Fachanwalt für Arbeitsrecht, Vertrauensanwalt des BSB, Erfurt

 

(Quelle: Bauherren-Schutzbund e.V.)