Bauträger haftet für Prospektangaben

 

 

Bauträger haftet für Prospektangaben

30.06.2016

OLG Frankfurt, Urteil vom 12.11.2015 - 3 U 4/14 und LG Frankfurt/Main, 25.11.2013 - 2-26O 215/11

BSB Vertrauensanwältin Gabriele Hein-Röder kommentiert

 

Geklagt
Ein Bauträger bewirbt in seinem Verkaufsprospekt eine Wohnanlage mit „Skyline“, „Skyline-Wohnkonzept“ und „Blick auf die Skyline der Frankfurter Innenstadt“ und veräußert eine Eigentumswohnung für 330.000 Euro. Diese wird im Juni 2009 übergeben. Kurz danach baut derselbe Bauträger auf dem Nachbargrundstück ein dreigeschossiges Wohngebäude. Dadurch wird der Blick auf die Frankfurter Skyline beeinträchtigt bzw. erheblich versperrt. Deshalb treten die Erwerber 2011 von ihrem Bauträgervertrag zurück. Sie verlangen Rückzahlung des Kaufpreises, Ersatz der Erwerbskosten, Zinsen und vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten abzüglich Nutzungsvorteilen, insgesamt knapp 367.000 Euro. 

 

Entschieden
Das Landgericht und das OLG Frankfurt am Main haben den Erwerbern Recht gegeben und den Bauträger zur Zahlung verurteilt. Ein Sachverständiger stellte fest, dass der im Verkaufsprospekt beworbene Blick durch das Bauprojekt auf dem Nachbargrundstück wesentlich beeinträchtigt ist. Ein unverbaubarer oder unverbauter Skylineblick liegt nicht mehr vor. Die benachbarte Bebauung des Bauträgers stellt eine nachvertragliche Pflichtverletzung dar. Diese berechtigt die Erwerber zur Rückabwicklung des Kaufvertrages. Sie durften auf der Grundlage des Verkaufsprospekts im Sinne von § 434 BGB einen unverbauten Blick als Beschaffenheit erwarten.

 

Kommentiert
Oft ist in Bauträgerverträgen der Ausschluss von Werbeaussagen aus dem Verkaufsprospekt als Vertragsgrundlage für das Objekt geregelt. Inhalt und Umfang der Pflichten des Bauträgers aber ergeben sich nicht nur aus der Baubeschreibung. Relevant ist auch das Prospektmaterial, das die berechtigte Erwartung des Erwerbers bestimmen kann. Klauseln im Bauträgervertrag, die Verkaufsprospekte oder Äußerungen der Vertriebsmitarbeiter als Auslegung der Beschaffenheitsvereinbarung ausschließen, sind auf Wirksamkeit zu prüfen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und der Entscheidung des OLG Frankfurt dürfen sich Erwerber auf die Zusagen in den Prospektunterlagen stützen und den Bauträger für deren Verletzung haftbar machen.

Juni 2016 - Gabriele Hein-Röder, Rechtsanwältin und Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht, München

 

(Quelle: Bauherren-Schutzbund e.V.)